- katringrieco
- vor 23 Stunden
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Der magische Moment des Erzählens
Stell dir vor: In deinen Händen liegt ein Zauberstab aus purer Sprachmagie. Mit jeder Bewegung, jedem Wort, erschaffst du Welten, in denen Kinder staunen, lachen, weinen und wachsen. Ein Schwung – und schon tanzen Buchstaben durch die Luft, verwandeln sich in sprechende Tiere, mutige Gespenster und zauberhafte Abenteuer.
Die wahre Magie liegt jedoch nicht im Zauberstab selbst, sondern in deiner Fähigkeit, ihn für jedes Kind passend einzusetzen. Wie ein Schlüssel, der unterschiedliche Türen öffnet, muss deine Sprache flexibel sein – vom ersten Pappbilderbuch, das nach Entdeckung duftet, bis zum Jugendroman, der wie ein vertrauter Freund flüstert: „Ich verstehe dich.“
Heute nehme ich dich mit auf eine Entdeckungsreise durch die Landschaft der kindgerechten Sprache. Dabei packe ich deinen Schreib-Rucksack mit praktischen Werkzeugen, inspirierenden Beispielen und einer Prise jener Magie, die nur entstehen kann, wenn Worte und Kinderherzen sich begegnen.

Die Werkzeugkiste einer Kinderbuchautorin
Bevor wir losziehen, ein kurzer Blick in meine eigene Schatzkiste: Ich teile hier Perlen aus meinen Büchern mit dir. „Spensa“ ist mein Selfpublishing-Herzstück, während „Abenteuer in Kopenhagen. Nikolas und Lilly und die mystischen Runen“ sowie „Auf Wiedersehen, kleiner Bruder“ im Verlag erschienen sind. Unterschiedliche Wege, ein gemeinsames Ziel: Kinderaugen zum Leuchten zu bringen.
Der perfekte Sprachrucksack – oder für jedes Alter das richtige Gepäck
Stell dir vor, deine Worte sind wie ein sorgfältig gepackter Rucksack für eine gemeinsame Wanderung. Er sollte genau richtig gefüllt sein – nicht so schwer, dass das Kind ihn nicht tragen kann, aber auch nicht so leicht, dass die Abenteuerausrüstung fehlt.

Die Entdeckungsreise beginnt: Pappbilderbücher (0–3 Jahre)
Für die Kleinsten ist Sprache vor allem Klang, Rhythmus und Gefühl. Noch bevor sie Worte verstehen, spüren sie, ob etwas rund klingt, ob es Freude macht, ob sie mitplappern können. Wiederholungen, Reime und lautmalerische Worte sind wie kleine Spiele für die Ohren. „Pitsch, patsch, Pinguin“ oder „Hopp-hopp-Häschen“ – solche Alliterationen bleiben wie funkelnde Sprachjuwelen im Gedächtnis.
Denk an Eric Carles Die kleine Raupe Nimmersatt – ein Bilderbuchklassiker, der mit einfachen, rhythmischen Wiederholungen arbeitet: „Am Montag fraß sie sich durch einen Apfel, aber satt war sie immer noch nicht.“ Diese wiederkehrende Struktur ist wie ein vertrauter Herzschlag, der den Kleinen Sicherheit gibt und gleichzeitig ihre Sprachentwicklung fördert.
Bücher wie Die kleine Raupe Nimmersatt zeigen, wie einfaches Erzählen, klare Strukturen und wiederkehrende Elemente schon den Jüngsten einen Zugang zur Welt der Geschichten eröffnen. Sie laden ein zum Staunen, Mitmachen – und schaffen eine erste, ganz zarte Liebe zur Sprache. Und das Schönste: Wenn ein Kind „noch mal!“ ruft, dann wissen wir – es hat die Magie gespürt.

Von der Vorlesemagie zum Selbstentdecken: Bilderbücher (3–6 Jahre)
Mit wachsendem Sprachgepäck wachsen auch die erzählerischen Möglichkeiten. Kinder zwischen drei und sechs Jahren haben einen wachen Blick für Geschichten – und ein offenes Herz für alles, was sie zum Staunen bringt. In Bilderbüchern für dieses Alter darf sich nun eine kleine Welt mit Anfang, Mitte und Ende entfalten. Und deine Sprache? Sie wird zum Wegweiser durch diese ersten Abenteuer.
Wie Leo Lionni in Frederick, wo eine kleine Maus statt Körnern Wörter, Farben und Sonnenstrahlen sammelt, darfst du nun poetischer werden. Kinder in diesem Alter lieben sprachliche Bilder, die ihre Fantasie wecken – wenn sie gut geführt sind. Deine Worte dürfen glitzern, knistern, duften – sie dürfen kleine Flügel wachsen lassen, solange sie Halt geben.
Denke dabei auch an wiederkehrende Elemente: Refrains, Rituale, vertraute Formulierungen. Sie sind wie ein sicherer Anker in der Erzählung, ein Freund, der die Kinder an die Hand nimmt. In Jon Klassens Wo ist mein Hut? wird der immer gleiche Satz zum humorvollen Mitsprech-Moment – und genau solche Wiederholungen stärken das Sprachgefühl und das Selbstbewusstsein kleiner Leser:innen.
Kreative Ideen für diese Altersgruppe:
Warum nicht mal mit Klängen spielen, die gar keine Wörter sind? Ein Rumpel-di-bumm kann einen Drachen begleiten, ein zisch die Zauberhand eines Kindes.
Baue Sprechpausen ein, in denen die Kinder raten dürfen, was wohl als Nächstes passiert. So wird Vorlesen zur gemeinsamen Entdeckungsreise.
Auch ernste Themen finden hier ihren Platz – liebevoll verpackt, kindgerecht erzählt. Es geht um Freundschaft, Mut, Anderssein, Verlust – große Themen in kleinen Worten.

Die ersten Schritte allein: Erstlesebücher (6–8 Jahre)
Und dann? Dann kommt der große Schritt: Erstlesebücher für Kinder ab 6 Jahren.
Jetzt werden deine kleinen Leser selbst zu Entdeckern und Entdeckerinnen! Deine Sätze sind wie sichere Trittsteine über einen Bach – kurz genug, um nicht ins Wasser zu fallen, aber spannend genug, um zum nächsten Stein zu hüpfen.
Worauf du beim Schreiben für Erstleser und Erstleserinnen achten solltest:
Kurze Sätze: Ein Gedanke pro Satz. Kein Schachtelsatz, keine Nebensätze mit drei Einschüben.
Klare Handlung: Die Geschichte sollte linear verlaufen, ohne Zeitsprünge oder Perspektivwechsel.
Aktive Verben: Nicht „Der Ball wurde von Tim geworfen“, sondern „Tim warf den Ball“. So bleibt der Satz lebendig und direkt.
Wortwahl: Jedes Wort muss seinen Platz verdienen. Fremdwörter, Ironie oder komplexe Satzstrukturen sind hier fehl am Platz – es sei denn, du erklärst sie mit Humor.
LIX-Zahl: Achte auf den Lesbarkeitsindex. Für Erstlesende liegt ein guter Wert zwischen 10 und 20. Je niedriger die Zahl, desto einfacher ist der Text. Online-Tools helfen dir, deine Texte zu prüfen. Wer Kinder beim Lesenlernen begleiten will, weiß: Die Sprache muss leicht, klar und zugänglich sein.
Was ist denn die LIX-Zahl, fragst du jetzt vielleicht? Mit ihr lässt sich überprüfen, ob ein Text wirklich kindgerecht formuliert ist. Die LIX-Zahl ist ein einfacher Lesbarkeitsindex, der Aufschluss über die Verständlichkeit eines Textes gibt. Besonders für Autoren und Autorinnen von Erstlesebüchern ist sie ein hilfreiches Werkzeug, um die Lesestufe gezielt anzupassen.
Die Berechnung der LIX-Zahl basiert auf der durchschnittlichen Satzlänge und dem Anteil langer Wörter. Je höher die Zahl, desto komplexer der Text. Für ein Erstlesebuch liegt der Zielwert idealerweise unter 20 – das bedeutet: kurze Sätze, einfache Wörter und ein übersichtlicher Satzbau. Ein Wert zwischen 20 und 30 ist noch gut für geübtere Leseanfänger:innen geeignet, alles darüber richtet sich eher an ältere Kinder.
Zum Glück gibt es mittlerweile praktische Online-Tools, mit denen sich die LIX-Zahl ganz unkompliziert berechnen lässt. Besonders empfehlenswert ist das Textanalyse-Tool von wortliga.de. Es analysiert nicht nur die LIX-Zahl, sondern zeigt auch schwierige Wörter, Füllwörter und Satzlängen auf – ideal für eine gezielte Überarbeitung. Auch schreiblabor.com bietet ein schlankes und schnelles Tool zur LIX-Berechnung.
Mein Tipp: Teile deinen Text in kleinere Einheiten – etwa in Absätze oder Kapitel – und überprüfe sie einzeln. So bekommst du ein feineres Gespür dafür, wie verständlich jede Textpassage für dein junges Publikum wirklich ist. Denn gerade in Erstlesebüchern zählt jedes Wort, jeder Satz. Die LIX-Zahl ersetzt natürlich nicht das eigene Sprachgefühl oder den Test mit echten Kindern – aber sie ist ein zuverlässiger Kompass auf dem Weg zu einem Buch, das kleine Leseratten nicht nur verstehen, sondern auch lieben werden.
Und ja: Auch Stil ist erlaubt. Auch Spaß. Auch Persönlichkeit. In meiner „Spensa“-Geschichte spricht die kleine Gespensterheldin so: „Ich bin gespenstermäßig kribbelig bis in die Fingerspitzen.“ Kein Kind wird hier belehrt – es erlebt mit, fühlt mit, wächst mit.
Schreib für dieses Alter so,
… dass die Kinder sich wiederfinden
.… dass sie stolz sind, wenn sie einen Satz allein gelesen haben
.… dass sie lachen, mitfiebern, verstehen
.… dass sie sagen: „Ich kann das!“
Denn Geschichten in diesem Alter sind nicht nur Unterhaltung – sie sind Mutmacher. Sie sagen den Kindern: Du kannst lesen. Du darfst träumen. Deine Stimme zählt.

Das Abenteuer nimmt Fahrt auf: Kinderbücher (8–12 Jahre)
Jetzt beginnt die große Reise. Kinder in diesem Alter lesen nicht mehr nur mit den Ohren, sie lesen mit den Augen, dem Herzen – und mit wachem Verstand. Sie wollen mitfiebern, sich mit Figuren identifizieren, eigene Schlüsse ziehen. Sie sind bereit für Abenteuer, für Geheimnisse, für echte Gefühle – und für Sprache, die nicht mehr auf Zehenspitzen geht, sondern sich traut.
Deine Sprachpalette darf jetzt bunter, mutiger, voller Bilder sein! Denk an Cornelia Funkes Herr der Diebe: Venedig ist hier nicht bloß Kulisse, sondern atmender Charakter – mit „feuchten Gassen“, „flüsternden Kanälen“ und dem Duft von Salz und Magie.
Solche sprachlichen Bilder schaffen Atmosphäre, machen Orte und Figuren greifbar – und sie erweitern spielerisch den Wortschatz, ohne belehrend zu sein.
In meinem eigenen Buch Auf Wiedersehen, kleiner Bruder, das aus der Perspektive eines Geschwisterkindes geschrieben ist, das seinen kleinen Bruder verliert, schreibe ich:
„Eigentlich will ich Josie viel mehr erzählen, aber ich traue mich nicht. Ich würde am liebsten sagen: Ich hab Angst, dass es ganz schlimm wird. Dass sie ihm nicht helfen können. Was ist, wenn er stirbt, so wie dein Vater?
Aber ich traue mich nicht, etwas zu sagen. Was ist, wenn ich die Worte ausspreche und sie wahr werden?“
Auch hier trägt ein einfaches Bild große Trauer und Angst, ohne sie zu beschreiben. Die Kunst liegt in der Zurückhaltung.
Konkrete Tipps für dein Schreiben in dieser Altersgruppe:
1. Erzählstimme mit Charakter
Kinder spüren sofort, ob sie jemand durch die Geschichte führt, der echt ist. Entwickle eine Erzählinstanz, die Vertrauen schafft – ob humorvoll, frech, ernsthaft oder poetisch. Wichtig ist: Sie muss zu deiner Geschichte passen.
Tipp: Lies dir deine ersten 100 Wörter laut vor. Klingen sie wie jemand, dem du zuhören möchtest? Wenn nicht – überarbeite den Ton.
2. Metaphern & Vergleiche als Brücken zur Fantasie
Nutze sprachliche Bilder, aber behutsam. Nicht zu viel, nicht zu blumig – lieber punktuell, aber stark.
Beispiel: Statt „Er hatte Angst“, schreibe: „Seine Gedanken flitzten durcheinander wie Mäuse auf glattem Küchenboden.“
Tipp: Baue dir eine kleine Bildsammlung auf – wie redet deine Figur? Welche Vergleiche passen zu ihrer Welt? (Eine Bäckerstochter denkt anders als ein Straßenjunge.)
3. Zeig, was passiert – und lass Raum zum Denken
Kinder wollen spüren, was passiert – ohne dass du alles erklärst. Lass sie entdecken!Statt: „Anna war traurig“, schreibe: „Anna starrte auf das zerlaufene Eis in ihrer Hand. Kein Wort kam über ihre Lippen.“ (Zeig mir ein Kind, das in der Situation nicht traurig gewesen wäre… Und das wäre der nächste
Tipp: Knüpf an die Erfahrungswelt der Lesenden an – das schafft Identifikation und emotionale Nähe.)Tipp: Streiche in deinem Text 10x das Wort „war“ – und ersetze es durch Handlung, Bild oder Dialog.
4. Baue Spannung clever auf
Kapitelenden sind keine Stoppschilder, sondern Sprungbretter! Stell eine Frage, gib einen Cliffhanger, einen Mini-Schock – oder ein „Was? Das kann doch nicht sein!”
Beispiel: „Aber was sie hinter der alten Tür fand, veränderte alles.“
5. Lass deine Figuren lebendig werden
Kinder lieben Figuren, die echt wirken. Mit Ecken, Kanten, Widersprüchen. Nicht perfekt – aber glaubwürdig.
Tipp: Gib jeder Figur ein kleines Markenzeichen – einen Spruch, eine Macke, einen wiederkehrenden Gegenstand. Das schafft Wiedererkennung und Bindung.
6. Die Themen dürfen größer werden – aber kindgerecht verpackt
Themen wie Freundschaft, Lüge, Ausgrenzung, Mut, Trennung, Schutz unserer wunderbaren Welt, Tod – all das darf auftauchen. Wichtig ist, wie du es erzählst. Mit Respekt. Mit Hoffnung. Ohne erhobenen Zeigefinger.
Beispiel: In Mein Sommer mit Mucks von Stefanie Höfler geht es um Einsamkeit und Freundschaft – ehrlich, berührend, aber nie schwer.
Kreativideen für dein Kinderbuch
Nutze Zwischenrufe oder Briefschnipsel: „Liebes Tagebuch, heute ist was richtig Blödes passiert…“ – So kannst du innere Monologe kindgerecht einbauen.
Schreib einen Nebencharakter ein, der nur das Kind versteht: z. B. ein sprechender Rucksack, ein unsichtbarer Freund, ein Murmeltier mit Meinung.
Spiel mit typografischen Mitteln: Fettdruck, Schriftwechsel, ein Wort, das auf der Seite „davonrennt“. Das ist nicht nur Stil – das macht Lesen spannend! Mein Buchtipp zum Stöbern: Saskia Diederichsen: Agent Einbein. Drei schräge Vögel ermitteln
Deine Checkliste für 8–12 Jahre
Kurze Absätze, aber mutigere Sprache
Bildhafte Vergleiche – kindgerecht und originell
Klare Kapitelstruktur mit Spannung
Authentische Figuren mit Wiedererkennungswert
Kein telling, sondern showing
Einfühlsam bei schwierigen Themen
Sprachwitz darf sein – solange er zur Figur passt

Tiefe Gewässer: Schreiben für Jugendliche (12–16 Jahre)
Mit Jugendlichen kannst du tiefer tauchen. Ihre Fragen sind größer, ihr Blick schärfer, ihre Sehnsucht intensiver. Sie wollen keine Kindergeschichten mehr – aber auch keine belehrenden Erwachsenenstimmen. Was sie suchen, sind Texte, die sie ernst nehmen. Sprache, die ihnen auf Augenhöhe begegnet. Figuren, die fühlen wie sie – aber vielleicht etwas mutiger sind.
Deine Sprache darf in dieser Altersgruppe komplexer werden. Mehrschichtige Gedanken, Zwischentöne, längere Sätze – das alles ist erlaubt. Aber: nur, wenn es echt bleibt. Jugendliche haben ein untrügliches Gespür für Posen, Pathos und gekünstelten Tiefgang. Schreib lieber leise wahrhaftig als laut bedeutungsvoll.
Wolfgang Herrndorfs Tschick zeigt, wie das gelingt: scheinbar einfache Sprache, die große Emotionen trägt. Kein Wort zu viel, keines zu wenig.
„Das Gefühl war so gut, dass ich mir wünschte, ich könnte mein ganzes Leben in der Luft verbringen.“
Ein Satz wie ein Sprung – klar, poetisch, unmittelbar.
Tipps für dein Schreiben im Jugendbuchbereich (12–16 Jahre)
1. Die Stimme zählt – und zwar die echte
Was zählt, ist nicht dein literarischer Ehrgeiz – sondern ob deine Figur glaubhaft klingt. Die Ich-Perspektive ist im Jugendbuch weit verbreitet, weil sie Nähe schafft. Aber auch in der personalen Sichtweise gilt:
Schenk deiner Figur eine Stimme, die man hört.
Sie darf rotzig, still, klug, sarkastisch, verletzlich sein – Hauptsache echt.
Übungstipp:
Schreib 10 Zeilen Tagebuch aus Sicht deiner Hauptfigur. Wenn sie dich langweilt – trau dich mehr.
2. Große Themen in kleinen Szenen
Jugendliche denken viel, aber sie wollen nicht, dass man für sie denkt. Zeig das Thema – statt es zu erklären.
Statt: „Sie fühlte sich ausgegrenzt.”
Schreib: „Sie setzte sich zu ihnen. Niemand rückte ein Stück zur Seite.“
Ob es um Freundschaft, erste Liebe, Identität, Mobbing, Tod oder Gerechtigkeit geht – erzähle konkret. Zeige durch Handlung, Gesten, Dialoge. Das schafft Tiefe.
3. Komplexität ohne Sprachwust
Du darfst mit Metaphern, inneren Bildern, Reflexionen arbeiten. Aber: Sie müssen organisch sein.Ein guter Test: Kann deine Figur diesen Gedanken wirklich so denken oder sagen – oder steckt da die Autorin oder der Autor dahinter?
Beispiel:
Falsch: „Ihre Seele taumelte wie eine verletzte Möwe durch ein metaphysisches Himmelsgewölbe.”
Besser: „Sie wusste nicht, wo sie hingehörte. Als hätte jemand ihren Platz gelöscht.“
4. Anleihen bei Literatur – aber ohne Kopie
Jugendliche lesen heute sowohl TikTok-Texte als auch Fantasy-Epen und spannende Bücher wie Erebos. Sie sind hybrid. Das darfst du auch!
Darf deine Geschichte poetisch sein? Ja.
Darf sie Popkultur zitieren? Auch ja.
Darf sie beides verbinden? Am liebsten!
Beispiel:
„Ich hab mir den ganzen Mut zusammengerollt wie ein Crêpe. Und dann hab ich’s ihm gesagt.”(Modern, bildhaft, nahbar – ohne platt zu sein.)
5. Struktur mit Weite
Kapitel dürfen länger sein. Erzählbögen komplexer. Rückblenden, zwei Zeitebenen, verschiedene Perspektiven – erlaubt, aber bitte mit klarer Führung.
Tipp: Nutze klare Kapitelanfänge, gute Überschriften oder zeitliche Marker. Verirrung macht Lektüre anstrengend. Und Jugendliche brechen ab, wenn sie die Orientierung verlieren.
Kreativideen für dein Jugendbuch
Stille Dialoge: Was denkt deine Figur, was sagt sie – und was nicht? Was passiert im Schweigen?
Farbige Kapitel: Gib einzelnen Abschnitten/Perspektiven eine Farbe statt einer Überschrift. Lass die Lesenden selbst entdecken, warum.
Soundtrack schreiben: Welche Songs hört deine Figur? Schreib zu jedem Kapitel einen dazu. Spotify-Playlist als Bonus zum Buch? Yes! Aber denke daran: Im Buch darfst du sie nur mit Rücksprache zitieren. Achte die Urheberrechte.
Sprachmuster brechen: Wenn deine Figur ein Außenseiter ist – darf die Sprache das spiegeln. Mut zum Bruch!
Dein Werkzeugkoffer für Jugendbücher
Authentische Stimme (besonders bei Ich-Perspektive)
Konkrete Szenen statt abstrakter Gedanken
Sprachliche Bilder, die zur Figur passen
Klare Struktur trotz Komplexität
Tiefe Themen mit Zurückhaltung erzählen
Emotionen nicht benennen – sondern zeigen
Popkultur, Poesie und Wirklichkeit mischen
Wenn dich der Zauber gepackt hat und du mehr willst:
Die Autorin von diesem Gastbeitrag ist Mitglied der KinderbuchManufaktur und freie Lektorin: Eva Maria Nielsen www.storyanalyse.de | www.evamarianielsen.de
Eva Maria Nielsen ist Autorin und Lektorin. Zu ihren Büchern zählen „Spensa“, „Abenteuer in Kopenhagen. Nikolas und Lilly und die mystischen Runen“ sowie „Auf Wiedersehen, kleiner Bruder“. Und für alle, die lieber hören als lesen: Mein Kinderbuch „Spensa“ gibt es auch fürs Ohr! Der zweite Band erscheint Ende August.
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