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Wie ich auf der Leipziger Buchmesse mit Verlagen in Kontakt getreten bin

Auf der Leipziger Buchmesse kommen jedes Jahr Buchbegeisterte und Verlage das erste Mal im neuen Bücherjahr zusammen. 2024 zählten die Messeveranstalter insgesamt 2085 Verlage, die ihre Neuigkeiten ausstellten, und über 283.000 Besucher.

Wie kannst du als AutorIn die Buchmesse nutzen, um deine Buchideen Verlagen vorzustellen? Julia Osbahr nimmt uns mit auf ihrem Besuch durch die Messehallen.



Da stand ich nun, in Halle 3 der Leipziger Buchmesse, umgeben von Menschengruppen, bunten Cosplay-Wölfen und natürlich jeder Menge Kinderbüchern. Ich hatte mir vorgenommen, Verlage anzusprechen und meine Buchprojekte vorzustellen.

 

Obwohl ich die Pitches im Kopf und die Exposés im Rucksack hatte, bezweifelte ich in diesem Moment, dass ich es wirklich durchziehen würde. Die Stände waren voll, alle Leute wirkten beschäftigt – und das schon Donnerstagmittag. Puh! Ich ließ mich eine Weile treiben und fand mich plötzlich vor einem kleinen Stand wieder, an dem nichts los war. Eine Person saß vor ein paar Bilderbüchern und schaute abwartend durch die Halle. Aber klar! Ich kannte sie und den Verlag über Insta … und auch die Website, auf der steht, dass man von Manuskripteinsendungen absehen soll. Ich hatte also höchstwahrscheinlich nichts zu gewinnen, aber auch nichts zu verlieren. Perfekt zum Üben! 


Sie kommen aus Stadt XY, oder?“, fragte ich.

Die freundliche Person bejahte und erzählte ein bisschen von sich und seiner Motivation. Ich nahm ein Buch, dessen Cover ich schon online bewundert hatte, in die Hand. Beim Blättern musste ich mehrmals grinsen, weil es wirklich so lustig war wie der Klappentext vermuten ließ. Eigentlich eine hervorragende Überleitung zu meinem Projekt … Ich gab mir einen Ruck.


Ich bin Kinderbuchautorin“, sagte ich selbstsicher, „und ich habe auch ein humorvolles Bilderbuch geschrieben. Das Manuskript hätte ich Ihnen schon längst geschickt, wenn auf Ihrer Homepage nicht dieser Satz stehen würde.


Ach, toll! Erzählen Sie doch mal“, forderte mich die Person auf.


Ich fasste Themen und Handlung kurz zusammen (den Pitch habe ich nicht Wort für Wort aufgesagt, dass kam mir gekünstelt vor). Die Person hörte amüsiert zu, dann sagte sie (tatsächlich!):

Schicken Sie es mir gerne zu. Mein Programm ist zwar durchgeplant bis 2026, aber wenn mir was Besonderes begegnet … vielleicht kann ich noch was draufpacken.

Ich machte innerlich Freudenhopser, als wir auch noch Visitenkarten tauschten. Was für ein Einstieg!


Dieses wertschätzende Gespräch gab mir den Mut, auch bei weiteren Ständen zu „pitchen“.


Insgesamt war ich an drei Tagen auf der Messe und möchte meine persönlichen Erfahrungen hier teilen.

 

1. Es ist besser, die Bücher des Verlags als Gesprächseinstieg zu nutzen als das eigene Werk

Ich zumindest habe mich dadurch wohler und weniger „aufdringlich“ gefühlt und konnte ehrliches Interesse zeigen. Wenn man einen Verlag mag, kennt man mindestens eins der Bücher am Stand. Falls man weder Verlag noch dessen Bücher kennt, bringt es Spaß, sich erstmal einen Überblick zu verschaffen: Bestimmt gibt es mindestens ein interessantes Cover, über das man ein Gespräch beginnen kann. Wenn alles nicht zutrifft, dann passt der Verlag eh nicht zum eigenen Projekt. Mich hat z.B. der Illustrationsstil eines Meeres-Bilderbuchs sofort angesprochen. Darüber habe ich eine Verbindung zu meinem maritimen Buch herstellen und die Visitenkarte der Verlegerin gewinnen können.


2. Wie so oft sind Geduld und Zeit gute Begleiterinnen

Ich habe viel beobachtet (hinter Buchdeckeln geht das wunderbar 😉): Wer hat hier welche Funktion (manchmal steht es auf den Namensschildern)? Wen spreche ich am besten an? Sind mir die Leute sympathisch, wie verhalten sie sich im Gespräch mit Kundschaft und Geschäftspartner*innen? Es gab einen Stand, den ich statt Donnerstag erst am Freitag besucht habe, weil ich mitbekam, wie zickig die Mitarbeiterin mit einer Kundin sprach. Mein Plan ging auf, denn am Freitag hatte ein Kollege sie abgelöst.


3. Punkt 2 funktioniert besser, wenn man allein unterwegs ist

Ich war mit Freundinnen auf der Messe, aber wir haben uns ab und zu für 1-2 Stunden getrennt und irgendwo verabredet.


4. Kleinere und mittelgroße Verlage

sind offener für spontane Gespräche als Publikumsverlage (hier wirkten die Mitarbeiter*innen dauerbeschäftigt. Es kann sinnvoll sein, rechtzeitig vor der Messe einen persönlichen Termin auszumachen). Ich habe es trotzdem bei einigen größeren Verlage versucht, wenn ich eine Lücke erwischt habe. Einmal hat man mir per Handy die Homepage und die dortige Rubrik „Manuskripteinsendungen“ gezeigt (Na, darauf war ich auch schon selbst gekommen!), die anderen nannten allgemeine Mailadressen und selten (nur auf direkte Nachfrage und eher aus Höflichkeit) konkrete Ansprechpartner*innen.


5. Lesungen zu besuchen und mit anderen Menschen zu quatschen

(zum Beispiel mit Kinderbuchmanufaktur-Mitgliedern 😊), ohne ein Ziel zu verfolgen, half mir, locker zu bleiben und offen für Zufallsbekanntschaften zu sein (pausenlos sämtliche Verlage abzuklappern muss sehr ermüdend sein, weil man sich selbst nervt).


6. Papierausdrucke von Exposés

brauchte ich nicht zum Verteilen, aber es war ein gutes Gefühl, sie für den Fall der Fälle dabei zu haben.


7. Ich habe einige Überraschungen erlebt, positive und auch negative.

Von einem der (mittelgroßen) Verlage auf meiner Favoritenliste haben meine Kinder und ich viele Schätze im Bücherregal stehen. An einem der Messetage war sogar die inhabende Person vor Ort. Ich schlich mehrmals umd den Messestand herum, doch immer saß der Person schon jemand gegenüber. Ein Karosakko-Herr löste eine Seidenschal-Frau ab, es folgte ein Brillenband-Mann.


Ich drehte meine Runden und als ich dem Brillenband-Mann woanders begegnete, flitzte ich zurück zu dem Lieblingsverlag. Mittlerweile aß die Person ein Käsebrot. Och nee! Ich ging einen Kaffee trinken und als ich wiederwiederwiederkehrte, traf ich sie endlich allein an.


Nach der ganzen Mühe erlaubte ich mir kein Zögern und fragte einfach, ob die Person kurz für mich Zeit hatte. Sie bat mich, Platz zu nehmen. Ich lobte die Verlagsausrichtung und erzählte kurz von unseren Lieblingsbüchern, bevor ich mein Projekt erwähnte.


Illustrieren Sie auch?“, unterbrach sie mich.

Ich schwärmte von der Illustratorin, die meine Geschichte bebildern würde, wenn das gewünscht wäre.

Wieder dazwischen: „Haben Sie Bilder dabei? Sonst kann ich dazu nichts sagen.

Ich zog ein Blatt mit dem Portfolio der Illustratorin aus dem Rucksack.

Nach nicht mal drei Sekunden ein Kopfschütteln.

Nee! Ich würde sofort weiterklicken! Gefällt mir nicht. Dann brauchen Sie mir über Ihr Projekt gar nichts sagen.

Ich schluckte, stand auf und war erstaunt über die Art und Weise.


Im zweiten Moment erleichtert, weil ich wusste, woran ich war. Diesen Verlag konnte ich von meiner Bewerbungsliste streichen. Ohne die Buchmesse wäre er vermutlich immer noch auf der Liste. Drei andere Verlage hingegen nicht.


Drei ganz neue Chancen, die mir mehr Hoffnung geben als ich bei meinem ehemaligen Favoriten jemals hatte.


8. Ein Gedanke hat mir vor dem “Pitchen“ besonders geholfen:

Genauso wie der Verlag ein Gewinn für mich (oder dich?) sein kann, kann auch mein (oder dein?) Buchprojekt ein Gewinn für den Verlag sein - er weiß es nur noch nicht! 😊


Also, los, packen wir es an!


Und ich bin dann mal abgetaucht: Exposés an meine neuen Kontakte verschicken - und Daumen drücken.


DANKE für diesen Beitrag an Julia Osbahr!


Julia Osbahr ist Autorin von Bilderbüchern und Kinderromanen und hat 2020 ihr erstes Bilderbuch („Hilfe, Honigbeerbiest!“) im Selfpublishing veröffentlicht. Sie ist seit fast drei Jahren Mitglied der Kinderbuchmanufaktur und wünscht sich, Verlage für ihre Herzensprojekte zu finden.


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