Mein Name ist Mimi Hecher und ich bin Illustratorin. Ich war jüngst auf der Bologna Children's Book Fair (BCBF), der Internationalen Kinderbuchmesse in Bologna. Als passionierte Messebesucherin möchte ich für die unter euch, die schon auf der Frankfurter Buchmesse (FBM) und/oder der Leipziger Buchmesse (LBM) waren, ein paar Vergleiche ziehen, damit ihr euch ein Bild von der BCBF machen könnt.
Die BCBF ist die größte, ausschließlich auf den Kinderbuchmarkt ausgerichtete Messe der Welt. Ich war dieses Jahr zum ersten Mal dort, während mich die FBM schon über ein Dutzend Mal zu Gesicht bekam, und Leipzig sieben Male.
Messegrösse
Zunächst einmal möchte ich die Bezeichnung „größte Kinderbuchmesse“ einordnen. Die BCBF findet in vier einstöckigen Hallen und einem Eingangsbereich statt, in denen sich etwa 1.500 AusstellerInnen ausbreiten. Viele Verlagsstände sind klein oder Gemeinschaftsstände von mehreren Verlagen.
Auf der LBM finden sich etwa 2.000 AusstellerInnen, in Frankfurt 4.000. Beide deutschen Messen sind also größer, haben aber eben eine breiter gefächerte Auswahl an Buchgenres und Verlagen, bzw. tummeln sich in Frankfurt auch zahlreiche „Verlagsdienstleister“, wie z.B. Druckereien.
Messeart
Im Gegensatz zu LBM und FBM ist die BCBF eine ausschließliche Fachbesucher-Messe. Sie findet passenderweise unter der Woche statt – von Montag bis Donnerstag. „Nur für Fachbesucher“ bedeutet, dass nur Menschen, die beruflich mit der Kinderbuchverlags-branche zu tun haben, auf die Messe dürfen. Aber fragt mich nicht, wie das kontrolliert wird, denn schließlich kann sich jeder als „noch nicht veröffentlichter Autor auf der Suche nach einem Verlag“ ausgeben und hat damit bereits das Kriterium erfüllt. ;D
Ich hatte mich im Voraus digital als Illustratorin registriert und konnte dadurch meinen Ticketpreis um 50% reduzieren.
Das Tollste an einer „Fachbesuchermesse“ ist, dass dort nicht ganz so viele Menschen die Hallen füllen.
Die FBM ist eine gemischte Messe: Mittwoch, Donnerstag und Freitag Vormittag sind reine Fachbesuchertage, und von Freitag Nachmittag bis Sonntag wird sie zur Publikumsmesse. Man kann also 2,5 Tage lang durchatmen, und dann beginnt der Trubel.
Die LBM ist eine reine Publikumsmesse. Deshalb gehe ich da auch nicht gerne hin, obwohl ich in Leipzig lebe - weil sie mir persönlich zu überfüllt ist.
Knüpfen von Verlagskontakten
Für IllustratorInnen ist die BCBF definitiv einen Besuch wert. Viele der deutschsprachigen Verlage bieten Illustratorenstunden an, bei denen man sein Portfolio zeigen kann. Da die Stände kleiner sind als auf der FBM, muss man manchmal von einer Mappensichtung zur nächsten nur 4 Meter gehen.
Man kann auch die FBM gut nutzen, um persönliche Kontakte zu Verlagen zu knüpfen, auch dort gibt es zahlreiche Mappenstunden.
Von der LBM habe ich bislang nur von vereinzelten Mappensichtungen gehört. Vermutlich machen es die vielen Messebesucher sehr viel schwerer, solche Portfoliostunden durchzuführen.
Auch auf der FBM kann man nicht-deutschsprachige Kinderbuchverlage antreffen und seine Kontaktdaten hinterlassen. Ich habe sowohl in Bologna, als auch in Frankfurt die positive Erfahrung gemacht, dass die übliche Reaktion auf die Frage „Are you also looking for new illustrators to work with?“ ein „Yes, just leave your business card and we will hand it over to the editors/art directors when we are back home.“ ist.
Während mir in Frankfurt aber tatsächlich kein einziges Mal bei so einer Frage eine LektorIn/Art DirectorIn begegnete, waren in Bologna häufiger auch diese zugegen und nahmen sich auch mal spontan die Zeit, sich das Portfolio anzusehen. Eine Freundin kam so an 3 unerwartete Portfoliosichtungen, während sie ursprünglich nur ihre Karte hatte abgeben wollen.
Stimmung
Insgesamt kamen mir die Menschen auf der BCBF entspannter als auf der FBM vor. Vielleicht liegt das an der Größe der FBM.
Oder daran, dass man auf der FBM nur 2,5 Tage zum Lizenzhandeln Zeit hat und in Bologna 3,5.
Den Entspanntheitsgrad der LBM traue ich mich nicht einzuschätzen, da ICH auf der LBM aufgrund der Menge an Menschen viel angespannter bin.
Oder es liegt einfach daran, dass die Stadt Bologna so unheimlich schön ist und ich so viel Dolce Vita einfach nicht widerstehen kann. ;)
Mein Fazit
Ich empfehle jedem und jeder, der/die es sich leisten kann: Besuche die BCBF und nimm dir Zeit für Sightseeing in Bologna! Es ist eine extrem bereichernde Erfahrung.
P.S. Meine schönste Anekdote der BCBF
Manche Verlage verkaufen auf der Messe ihre Bücher, andere nicht.
Ich saß mit zwei Illustratorinnen aus Ungarn und einer aus Österreich am großflächigen Gemeinschaftsstand katalanischer Verlage und sie zeigten mir ein unglaublich niedliches Kinderbuch, das sie entdeckt hatten.
Ich war schockverliebt. Ich verstand zwar kein Wort, weil es auf Katalanisch war, aber die Illustrationen…! Da das Buch dreimal dort stand, ging ich an den Tresen, den es an diesem Stand gab, und hinter dem zwei Damen standen, und wollte fragen:
„May I ask...“ wurde aber mit einem gelächelten
„No English...“ gestoppt.
„Which language?“ fragte ich.
„Espanol.“ :/
Hoffnungslos ging ich zu den drei anderen und fragte, ob zufällig eine von ihnen Spanisch spräche – und tatsächlich meldete sich eine der beiden Ungarinnen. Sie fragte also für mich, ob das Buch gekauft werden könnte, aber die Antwort war leider ein Nein. Ich sagte „Oh, that‘s very sad.“
Die Dame am Stand zeigte uns eine Broschüre, in der alle Verlage, die an diesem Stand ausstellten, gelistet waren und markierte den Verlag, der das Buch gedruckt hatte, damit ich es dort bestellen könnte. Ich bedankte mich und wir gingen die 10 Schritte zurück zu den anderen. Ich hatte mich kaum gesetzt, als die Dame vom Tresen auftauchte, die Ungarin ansprach und auf mich deutete und was von „regalar“ sagte.
Mir wurde übersetzt: „Sie schenken es dir.“
<3
Über Mimi
Mimi Hecher ist Illustratorin und Mitglied der KinderbuchManufaktur.
Sie bloggt unter kinderbuchcoach.de.
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