Von "Du kommst hier nicht rein!" zu "Schön, dass du da bist!"
Wer als Selfpublisher mit seinem Werk in den lokalen Handel möchte, der fühlt sich oft wie in der Warteschlange vor einem angesagten Club der Metropolen dieser Welt.
Wer hineingelassen wird und wer nicht, entscheidet genau eine Person. Und zwar die Person an der Tür. Manchmal erscheint die Auswahl willkürlich, manchmal ist es auf den ersten Blick klar, warum es funktioniert oder eben nicht. Ob die Gründe nachvollziehbar sind, steht auf einem ganz anderen Blatt. Und ganz genau so ist es, wenn du mit deinem Werk in den lokalen Handel möchtest. Mit diesen fünf Tipps öffnet dir der Buchkiez seine Tore. Vielleicht nicht alle, aber ganz sicher ein paar richtig coole.
1. Bevor die Party losgeht – stimme dich aufs Verkaufen ein
In der Schlange vor dem Club findet man sie garantiert: Einzelpersonen oder Gruppen, die schon beim Warten für gute Laune sorgen. Sie sind fröhlich, lachen und wirken einfach durchweg sympathisch. Und sie kommen rein, garantiert. Und deswegen ist genau dies die Rolle, die du einnehmen musst, wenn du Buchhändler:innen davon überzeugen willst, dein Buch ins Sortiment aufzunehmen. Egal, ob du so selbstsicher bist oder eigentlich nicht. Egal, ob du persönlich im Laden vorbeischaust oder anrufst, um dein Buch vorzustellen. Denn um andere von deinem Buch zu überzeugen, musst du es als erstes selber sein. Und das musst du ausstrahlen. Sei selbstbewusst und vorbereitet. Denn das Zeitfenster um zu überzeugen ist kurz und manchmal hast du nur zwei Sätze, um deinem Gegenüber zu erklären, warum genau dein Buch in ihren Regalen fehlt. Daher solltest du nach dem freundlichen "Hallo" in einem Satz formulieren können, worum es im Buch geht und warum das Thema so aktuell beziehungsweise ein Verkaufsschlager ist.
2. Präsentiere dich – das Outfit deines Buches als Eintrittskarte
Damit ist weniger deine Kleidung gemeint, als die Kluft deines Buches. Denn egal, ob du persönlich in den Läden vorbeischaust oder anrufst, du musst etwas abliefern und dort lassen. Beim persönlichen Kontakt hast du natürlich dein Buch in den Händen. Nicht in der Tasche. Der erste Blick auf dich muss auch ein Blick auf dein Buch sein. Denn schließlich gibt es euch nur im Doppelpack. Bei einem Telefonat ist die Sache etwas schwieriger, denn weder dein Buch noch du werden gesehen. In beiden Fällen kommt es aber aufs Gleiche hinaus: Biete ein Rezensionsexemplar zur Ansicht an. Ebenso eine hübsch gestaltete Präsentation im PDF-Format mit allen wichtigen Daten über das Buch (Inhalt, bibliografische Angaben, Informationen zu Autor:in und Illustrator:in). Bei einem persönlichen Termin solltest du diese Präsentation ebenfalls zum Dalassen als Printversion dabeihaben.
3. Willkommen in meinem Viertel – regionale Buchläden
Starte regional. Denn selbst Buchläden, die Selfpublishern eher kritisch gegenüberstehen, fördern gerne Künstler ihrer Stadt. Biete Lesungen oder Signierstunden an und vor allem auch die Möglichkeit dein Buch in Kommission zu nehmen. So haben die Händler:innen kein Risiko bei Nichtverkauf und kooperieren deutlich eher mit dir als bei einem Direktankauf. Im Idealfall schaffst du es, parallel die regionale Presse für dich zu gewinnen und nennst hier die Läden deiner Stadt als Bezugsquelle für dein Buch. Diese Kombi kann zu einer wunderbaren Wechselwirkung und einem super Verkaufsstart im Laden führen.
4. Ich steh auf der Gästeliste – die ersten Buchverkäufe
Ist der erste Schritt geschafft und du bist in zwei oder drei Läden vertreten, wird dies zur Eintrittskarte für die nächsten angesagten Buchparty-Locations. Denn, kaum etwas lässt Händler:innen so viel vertrauen, wie die Platzierung in den Konkurrenzregalen. Frei nach dem Motto: Wenn die das Buch haben, will ich es auch! Am besten nimmst du eine Liste deiner Kooperationspartner:innen in deine Präsentations-PDF auf und aktualisierst diese regelmäßig. Und mache Werbung für die Läden. Gib sie als Bezugsquelle auf deiner Homepage an, verlinke sie auf Social Media. Mit etwas Glück, verlinken sie dich zurück oder stellen dein Buch sogar mal bewusst in den Fokus ihres Marketings. All das hilft, neue Partner:innen von deinem Projekt zu überzeugen, vor allem überregional.
5. Lass dich nicht unterkriegen – bitte weitermachen!
Was aber, wenn der Satz „Du kommst hier nicht rein!“ ertönt. Dann frage dich nicht großartig, warum. Denn du wirst ihn oft hören. Aus den verschiedensten Gründen. Und zu viel grübeln frustriert da nur. Die einen mögen keine selbstverlegten Bücher, andere sehen dein Buch einfach nicht als passend für ihr Sortiment, andere vergessen dich bereits in dem Moment, wo das Gespräch vorbei ist und melden sich nicht mehr. Was auch immer der Grund sein mag, wollen potentielle Partner:innen, dass du ihn kennst, sagen sie ihn dir fast immer direkt. Bekommst du Floskeln oder einfach gar keine Antwort, dann ist das eben ein „(un)höfliches“ Nein. Konzentriere dich aufs Weitermachen, deine Präsentation und versuche diese kontinuierlich zu verbessern. Nach persönlicher Erfahrung können wir sagen, dass wir im Schnitt aus 15 Kontakten 1 Kooperation generieren konnten. Das bedeutet 14 NEINS stehen einem JA gegenüber. Und das kann frustrierend sein. Muss es aber nicht. Denn mit jedem Gespräch, Telefonat oder persönlichen Gespräch wirst du sicherer. Und meistens kommt auch immer genau in dem Moment, wo du nicht demotivierter sein könntest, ein neuer Deal zustande.
Und die Moral von der Geschicht‘
Ein Buch im Selbstverlag in die Läden zu bekommen, ist harte Arbeit. Und zeitintensiv. Vor allem, wenn der Kontakt telefonisch stattfindet. Denn nach jedem Gespräch werden die Präsentations-Unterlagen per E-Mail verschickt. Jetzt. Nicht in einer Stunde, nicht morgen. Denn jetzt bist noch im Kopf deines Gegenübers präsent. Und damit es so persönlich wie möglich bleibt, merke dir die Namen deiner Gesprächspartner:innen und sprich sie in deiner Mail persönlich an, bedanke dich für das freundliche Telefonat. Lege eine Liste mit den Buchläden an, mit denen du bereits Kontakt hattest. So vermeidest du versehentliche Dopplungen, kannst dir Notizen über das Gespräch machen und die Namen der Gesprächspartner:innen notieren. Nach ein bis zwei Wochen ohne Rückmeldung verschicken wir gerne einen Reminder per Mail. Allerdings hat dies uns erst einmal eine Kooperation gebracht. Haben die Händler:innen Interesse, kam der Deal immer innerhalb von etwa 48 Stunden zustande. Und mit der Zeit lernt man sogar anhand der ersten Sätze einzuschätzen, ob aus dem Kontakt eine Kooperation wird. Wir kommen also nicht umhin festzustellen: Mit der Platzierung deines Buches im Buchhandel, verhält es sich wie mit einem kurzen und netten Türsteher-Flirt vorm Club.
Gastbeitrag von Anne-Kristin Kastens, Illustrationen von Arabell Watzlawik
Anne ist freie Autorin und Redakteurin und hat gemeinsam mit Arabell, einer Illustratorin, das Buch "Herr Manfried und der Papadu" realisiert. Arabell ist außerdem Mitglied der KinderbuchManufaktur.
Weiterführende Links:
Website von Anne: www.annekristinkastens.com
Website von Arabell: www.arabellvirtuell.de
Auf dieser Seite zum Buch kannst du sehen, wie die Buchhändler von den beiden beworben werden: www.arabellvirtuell.de/portfolio/der-papadu
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Aktualisiert: 13. Feb.
Interview mit Dagmar und Elisabeth aus der Buchhandlung Kunterbuch
Rund die Hälfte des Bücher-Umsatzes wird – in gewöhnlichen Zeiten – über den Sortimentsbuchhandel (also die klassische Buchhandlung) erzielt.
Nun beschäftige ich mich mit vielen Themen aus der Sicht der Autorin, der Verlegerin, der SelfPublisherin. Deshalb dachte ich mir, es wäre spannend, auch einmal mehr über die Perspektive des Handels zu erfahren.
Also habe ich die Buchhandlung Kunterbuch aus Wien gebeten, mir ein paar Fragen zu beantworten, die ich gerne mit dir teile – ein paar Buchempfehlungen gibt es natürlich gleich dazu ;-)
Die "Kunterbücher", wie sie sich selbst liebevoll nennen (das sind Dagmar und Elisabeth), sind nicht nur langgediente Profis (sie führen übrigens ausschließlich Kinderbücher), sondern auch absolute Skeptiker, wenn es um das Thema SelfPublishing geht. Das ist nicht unbedingt ein Nachteil, denn: Das macht sie zu perfekten Lehrerinnen! Die beiden legen nämlich besonders viel Wert auf Qualität und Professionalität. Und das sind genau jene Themen, bei denen SelfPublishern oft ein Manko nachgesagt wird.
Hier also ihre Antworten auf meine Fragen:
1) Wie findet man eine Idee für ein Buch?
Für uns Kunterbücher startet die Ideenfindung schon bei der kontinuierlichen Marktbeobachtung, d.h. regelmäßigen Buchhandlungsbesuchen.
Dabei findet man nicht nur den Input für eine Idee, sondern sieht auch gleich, mit welchen Themen der Markt schon gesättigt ist.
Inspirierende Buchempfehlung:
Was macht man mit einer Idee?
von Yamada Kobi und Besom Mae erschienen im Adrian Verlag €13,40
Eine Geschichte von einer Idee und dem Kind, das hilft diese in die Welt zu bringen.
2) Wie wichtig ist das Lektorat wirklich?
Ein Lektorat ist unerlässlich – ein Rechtschreibprogramm am PC reicht definitiv nicht!!!
Ein Lektorat achtet immer auch auf den logischen Ablauf der Geschichte und verhindert dabei etwaige Fehler.
Inspirierende Buchempfehlungen:
Das Mädchen, das den Sturm ruft
von Lackey Lindsay erschienen im Dressler Verlag €18,50
Ein für uns sehr besonderes Buch, das uns sehr berührt hat.
Eine hervorragende Übersetzung (man merkt nicht, dass das Original nicht deutsch ist), die schöne Bilder malt. In unseren Augen ein durch und durch poetisches Buch!
Nicu und Jess
von Crossan Sarah und Conaghan Brian im Mixtvision Verlag €17,40
Auf den ersten Blick sprachlich und lesetechnisch sehr gewöhnungsbedürftig, da das Buch nicht in klassischer Erzählform geschrieben ist.
Der Protagonist Nicu spricht anfangs schlecht deutsch, die Sprache wird aber im Laufe der Geschichte immer besser und dadurch verändert sich diese und auch der Stil des Buches. Eine besondere Liebesgeschichte für junge Erwachsene.
3) Welche Rolle spielen Illustrationen?
Ein Sparen an den Illustrationskosten ist der falsche Ansatz!
Text und Bilder müssen immer zusammenspielen. Auch Fehler in der Illustration müssen vermieden werden (z.B. eine Wintergeschichte und die Protagonisten tragen Sommerkleidung). Ansprechend gestaltetes Cover und schöne Ausstattung hilft beim Vermarkten des Buches!
Auch die Auswahl des Papier ist wichtig – so wie Qualität generell wichtig ist.
Inspirierende Buchempfehlungen:
189
von Böge Dieter und Klever Elsa erschienen im Aladin Verlag €17,50
Geschichte einer abenteuerlichen Reise eines Kanarienvogels vom Harz bis nach NY – eine wahre Geschichte aus dem 19 Jahrhundert.
Ein außergewöhnliches Bilderbuch mit viel Sachinformation und trotzdem poetischen Bildern, die schon beim Vorsatz starten.
Mein großes Buch der Dinosaurier
von Durley Natasha erschienen bei Ars Edition €15,50
Für ein Sachbuch absolut ungewöhnliche Illustrationen und mit einer besonderen Einteilung der Dinos. Hier wird nach Merkmalen kategorisiert und erklärt – mitgeraten werden kann auch. Der Text steht nicht im Mittelpunkt.
Mitmach Buch
von Tullet Herve erschienen im Christophorus Verlag €13,40
Das erste interaktive Bilderbuch ohne Batterien.
Kinder, die die Farben kennen, können beim Vorlesen der Geschichte eingebunden werden. Das Buch muss dann gedreht werden, gekippt werden und geschüttelt………
Trotz einfacher Illustrationen ausschließlich mit Komplementärfarben und nur aus unterschiedlichen Kreisen bestehend sind die Bilder trotzdem stimmig.
4) Welche Tipps habt ihr noch für SelfPublisher?
Auch betriebswirtschaftliche Fragen sollte man sich bereits zu Beginn seines Buchprojektes stellen (ganz meine Rede!):
Wie möchte ich mein Buch vertreiben und wie lege ich eine buchhalterisch korrekte Rechnung?
Auch die im Buchhandel üblichen Partien, Rabatte, Zahlungs -und Lieferbedingungen sollte man am Schirm haben.
Vielen Dank nochmals an die Kunterbücher für das kleine Interview!