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Self-Publishing erlebt seit einigen Jahren ein rasantes Wachstum: Autoren emanzipieren sich dank Amazon, Print-on-Demand und Self-Publishing-Dienstleistern.
Über die Amazon Plattform KDP (Kindle Direct Publishing) kannst du innerhalb weniger Stunden kostenfrei dein Manuskript publizieren, und als eBook und Taschenbuch der ganzen Welt zur Verfügung stellen. Unter den eBook Bestsellern finden sich dort zahlreiche Indie-Autoren (Indie = Independent = unabhängig).
Auch, wenn ich selbst eBooks über Amazon publiziere, gibt es da draußen definitiv viele andere Menschen, die dir bei diesem Thema besser weiterhelfen können als ich.
Aber wie sieht es mit Kinderbüchern im Selfpublishing aus?
Hierzu wirst du deutlich weniger Infos finden. Aber weshalb ist das eigentlich so?
Die Antwort ist eine Frage nach Henne oder Ei: Laut einer Studie des Self-Publishing-Dienstleisters BoD aus 2019 schreiben nur 5% der befragten Self-Publisher aus dem deutschsprachigen Raum für die Zielgruppe bis 13 Jahre. Ist nun das Interesse so klein, oder wagen sich die Self-Publisher einfach nicht an diese Kategorie heran?
Tatsächlich glaube ich an Zweites, weil es für Kinderbuch-Autoren um einiges schwieriger ist, Self-Publisher zu werden, da der gesamte Entstehungsprozess mehr Fachwissen – und leider auch Budget – erfordert.
Um dafür ein Gefühl zu bekommen, zeige ich dir fünf wesentliche Unterschiede auf, welche das Self-Publishing von Kinderbüchern – im Vergleich zur Erwachsenen-Literatur – erschweren. Denn meiner Meinung nach erfordert der gesamte Entstehungsprozess eines Kinderbuches mehr Fachwissen (und Budget).
Im Laufe der Zeit haben sich für mich fünf wesentliche Unterschiede herauskristallisiert, welche das Self-Publishing von Kinderbüchern – im Vergleich zur Erwachsenen-Literatur – erschweren. Es ist wichtig, diese zu kennen, denn sie sind gleichzeitig jene Bereiche, denen du besondere Aufmerksamkeit schenken solltest – dort liegen deine Potenziale in puncto Qualität, Effizienz, Kosten und Erfolg.
Noch eine kleine Anmerkung vorab: Je älter das Zielpublikum des Titels ist, desto weniger unterscheidet sich die Kategorie von Erwachsenen-Literatur, und desto weniger gelten die angeführten Punkte.
Herausforderung 1: Der Inhalt
Ein ganz markanter Unterschied zwischen Kinderbüchern und Erwachsenen-Literatur sind im Allgemeinen die Illustrationen. Diese wirken sich durchaus massiv auf den Herstellungsprozess aus – z.B. in folgenden Punkten:
die Dauer der Entstehung deines Buches verlängert sich um die Dauer der Konzipierung und Herstellung der Illustrationen
es ist eine Person mehr am Prozess beteiligt, mit der du dich abstimmen, die du briefen und mit der du eine gemeinsame Sprache finden musst
Illustrationen sind üblicherweise die größte einzelne Kostenposition und wirken sich daher massiv auf das Gesamtbudget aus (und damit auf den Deckungsbeitrag); das Geld, das du in Illustrationen steckst, musst du eventuell beim Druck oder der Vermarktung deines Buches wieder einsparen;
es ist eine Position bzw. ein Risikofaktor mehr, an dem man die Unerfahrenheit oder die Budget-Restriktionen eines Self-Publishers erkennen könnte
die rechtliche Seite: Du musst dich um die Verwaltung der Bildrechte kümmern, da du nicht einfach so über die Bilder verfügen kannst; dies kann sich auf die Verkaufspotenziale auswirken (regional, zeitlich) oder aber auf deine laufenden Einnahmen (falls du dir die Tantiemen teilst);
In der Praxis bedeutet das ganz einfach, dass ein Kinderbuch nicht so rasch und spontan auf den Markt "geworfen" werden kann, wie dies bei Unterhaltungsliteratur für Erwachsene möglich ist. Da du u.U. auf die Rechte eines Dritten achten musst, kannst du auch nicht komplett ahnungslos in den Herstellungsprozess einsteigen.
Gleichzeitig sind Illustrationen oft die größte einzelne Kosten-Position und entsprechend ausschlaggebend für deine Gesamt-Kalkulation, die du von Anfang an im Auge behalten solltest.
Herausforderung 2: Das Format und Ausführung
Kinderbücher werden nach wie vor zu einem überwiegenden Teil als Print-Ausgabe gekauft, insbesondere solche mit einem großen Bildanteil (ich konnte keine konkrete Zahl finden, aber ich schätze, dass der Anteil bei Bilderbüchern bei über 95% liegt).
Im deutschsprachigen Raum ist das Hardcover (fester Einband) nach wie vor der Standard bei Kinderbüchern. Bilderbücher werden zusätzlich oft in größeren Formaten wie z.B. A4 veröffentlicht. Für die Kleinsten gibt es Papp-Bilderbücher.
Farbdruck, hochwertigeres und festeres Papier, größere Formate, für Kinder unbedenkliche Druckfarben, andere ökologische Parameter, ein fester Einband oder gutes Aufschlageverhalten (wie gut sich die Seiten aufblättern lassen und "liegen bleiben", erzielt z.B. durch Fadenheftung) sind allesamt Kostentreiber.
Die hohen Kosten der Illustration und der Ausführung alleine sind schon massive Hürden – um nicht zu sagen: Es sind Markteintrittsbarrieren!
Selbst, wenn man grundsätzlich imstande ist, für diese Investition aufzukommen, so wirkt sich die anfängliche Unerfahrenheit von Erst-Autoren in zweierlei Hinsicht aus:
Sie müssen sich das Know-How im diesen Bereichen erst aneignen, weshalb sie
umeist beim ersten Titel viel zu viel bezahlen.
Die guten Nachrichten sind: Know-How kann man sich aneignen, und gleichzeitig ist es sehr wahrscheinlich, dass es Einsparungspotenziale gibt. :-)
Grund 3: Die Wertigkeit eines Kinderbuches
Meine persönliche Vermutung ist, dass der Qualitätsanspruch bei Kinderbüchern höher ist, da die Käufer (z.B. Eltern) bei den Lesern (Kindern) einen gewissen Effekt erzielen wollen: Die Bücher sollen Werte vermitteln, mit Sachinformationen bilden, über Wochen und Monate dem Einschlaf-Ritual dienen, unterhalten und so das Lesen schmackhaft machen ...
Für dich konkret bedeutet das: Die Käufer erwarten einen zusätzlichen Nutzen von deinem Buch. Abgesehen von der eigentlichen Geschichte, sollen z.B. Werte vermittelt, eine gewisse Ästhetik geschult, oder – wie in meinem persönlichen Fall – Sprache gebildet werden.
Aus meiner Sicht ist einer der Zwecke eines Kinderbuches, AUCH die Sprachkompetenz zu erhöhen (Vokabular, Varianz, Formulierungen, Grammatik, Feinheiten usw.). Und ich muss an dieser Stelle ganz ehrlich zugeben: Ich habe es noch nie geschafft, ein Buch komplett fehlerfrei zu publizieren! Und das, obwohl Lektorat und Korrektorat für mich höchsten Stellenwert besitzen. Irgendetwas übersehen wir immer!
Grund 4: Die Vertriebskanäle
Bei Self-Publishern sind der Online-Handel und eBooks zentrale Themen. Doch Kinderbücher funktionieren als eBooks nicht so gut: zum einen, sind sie schwerer zu konvertieren, zum anderen wird tatsächlich gerne in ihnen gestöbert. Ein beträchtlicher Teil der Bücher wird daher nach wie vor im Handel erworben.
Neben dem persönlichen Wunsch, den du vielleicht hast, deinen Titel in der Buchhandlung um die Ecke vorzufinden, gibt es noch einen weiteren Faktor, weshalb dein Buch nicht nur online verfügbar sein sollte:
Ein Kinderbuch wird nicht von seinem Leser gekauft!
Ja, tatsächlich ist das ein ziemlicher Game-Changer, denn es erhöht den Bedarf des Käufers um Beratung oder Empfehlungen, was dafür spricht, es im Geschäft zu kaufen. 50% der Bücher werden in Deutschland noch im stationären Handel gekauft, meine Vermutung ist, dass dieser Anteil bei Kinderbüchern noch höher ist.
Doch viele Self-Publisher schaffen es unterschiedlichen Gründen nicht in den Buchhandel, weshalb ihnen eben mindestens die Hälfte des Buchmarktes verschlossen bleibt.
Weiter spielen z.B. öffentliche Büchereien und Schulen eine Rolle. Du merkst es: Die Herausforderung ist, zu all diesen Kanälen erst einmal einen Zugang zu finden, und sie dann auch zu bedienen. Das bringt mich zum fünften letzten Punkt:
Grund 5: So viele Zielgruppen!
Wie ich vorher gesagt hatte: Kinderbücher werden nicht von ihren Lesern gekauft, sondern von einer Vielzahl anderer Personen: Eltern, Großeltern, Eltern von Freunden, Händlern, Lehrern usw.
Alle diese Personen sollen auf dein Buch aufmerksam werden und es schließlich kaufen. Hinzu kommt noch das Kind, dem das Buch gefallen, sowie beispielsweise der Journalist, der deinen Titel vorstellen sollte.
Ich denke, du erkennst die Herausforderung, mit der du hier im Marketing konfrontiert wirst. Wenn du es mit so vielen Zielgruppen zu tun hast, gibt im Wesentlichen zwei Möglichkeiten:
Fokussiere: Du entscheidest dich dafür, einige wenige Zielgruppen anzusprechen, diese aber dafür intensiv und über so viele Kanäle als möglich.
Segmentiere: Du konzentrierst dich mit einem Kommunikationskanal auf eine bestimmte Zielgruppe (z.B. die Medien über Presse-Aussendungen, Blogger über Youtube, Leser über Facebook); die meisten Newsletter-Dienstleister ermöglichen dir übrigens eine Segmentierung, d.h. es sollte dein Ziel sein, deine (potenziellen) Kunden zu Newsletter-Abonnenten zu machen.
In beiden Fällen, wirst du klein anfangen und mit der Zeit das Spektrum erweitern, weil du sonst keine Chance hast, den Aufwand zu bewältigen.
Zuletzt möchte ich dir zum Thema Zielgruppe noch einen kleinen Denkanstoß geben: Die Leser (und somit deren Eltern) selbst entwachsen ja deinem Buch recht schnell, weshalb es sehr anstrengend sein kann, den Fokus ausschließlich auf die Endkunden zu legen, weil du sie nicht langfristig binden kannst. Händler oder Lehrer sind hingegen stetiger.

Fazit:
Wie du siehst, unterscheidet sich der Kinderbuch-Markt für Self-Publisher deutlich von anderen Warengruppen. Ja, es ist eine Herausforderung, und ja, es ist komplexer, und es erklärt auch, weshalb hier die Verlage weit mehr dominieren als anderswo!
Aber es ist nicht unmöglich, v.a. wenn du vor hast, mehr als nur ein Buch zu schreiben! Du solltest allerdings bereit sein, zu planen, dein Know-How aufzubauen, zu investieren und längerfristig durchzuhalten.
Wenn du mehr über Self-Publishing von Kinderbüchern erfahren und dich mit anderen eigenverlegenden AutorInnen austauschen möchtest, dann werde doch Mitglied in der KinderbuchManufaktur – hier tauschen wir uns regelmäßig zu diesem Thema aus!
hat die Plattform letztens unseren Mitgliedern vorgestellt:
Hast du schon einmal von der Autorenwelt gehört?
Egal, ob AnfängerIn oder Fortgeschrittene, ob VerlagsautorIn oder SelfpublisherIn, egal, in welchem Genre du zuhause bist – du solltest regelmäßig einen Blick auf diese Plattform werfen!
Die Autorenwelt verbindet folgende drei Vorteile:
Wissen: Hier kannst du dein Know-How rund um das Thema Schreiben und den AutorInnenalltag aufbauen und vertiefen
Kontakte: Suche und finde Dienstleister und Ansprechpartner für deine Projekte
Faires Miteinander: Registriere dich bei der Autorenwelt und profitiere vom Verkauf deiner Titel in deren Online-Shop
"Die Plattform soll das Zuhause der deutschsprachigen AutorInnen im Internet sein und den Prozess ihrer Emanzipation gegenüber den Verlagen und dem Online-Händler Amazon maßgeblich vorantreiben. [...] Der Shop ist wirtschaftlich das Herz der Plattform."
Sandra Uschtrin stellt die Autorenwelt vor
Sandra Uschtrin, Verlegerin und Herausgeberin, Bücherfrau des Jahres 2019 und Mitbegründerin der Autorenwelt, hat die Plattform letztens unseren Mitgliedern vorgestellt:
Weiterführende Links:
Homepage Autorenwelt: www.autorenwelt.de
Anmeldung zum Newsletter: www.autorenwelt.de/newsletter
Autorenwelt Shop: shop.autorenwelt.de
Anmeldung zum Autorenprogramm (für die zusätzlichen 7% Beteiligung): info.autorenprogramm.autorenwelt.de
Das Tagebuch, ein Schatz!
Du würdest als KinderbuchautorIn gerne auf Tagebucheinträge aus deiner eigenen Kindheit zurückgreifen, hast aber kein Tagebuch geführt?
Ann-Kristin Vinterberg ist Mitglied der KinderbuchManufaktur und zeigt in ihrem Gastbeitrag, wie du das heute nachholst und wie das deine Texte bereichern kann!

"Im Wohnzimmerschrank hütete meine Mutter eine Murex Muschel. Sie schimmerte rosa, streckte ihre Stacheln aus und drehte sich spiralenförmig wie eine Wendeltreppe. Innen schimmerte sie hell, fast silbrig; für mich war sie ein Gruß aus einer anderen Welt. Ich hatte noch nie das Meer gesehen, nur davon gehört.
Vorsichtig nahm ich die Muschel in meine Hände, voller Angst, diese Kostbarkeit zu zerbrechen, und dann presste ich sie ans Ohr, hielt die Luft an und lauschte. Welche Geschichte würde sie mir heute zuraunen? Hatte sie schillernde Korallen gesehen? Bunte und leuchtende Fische? Hatte sie dem Gespräch der kleinen Meerjungfrau mit der bösen Hexe gelauscht? Oder aber dem Seufzen der Wellen, die von fernen Ländern erzählten, vom Heimweh der kleinen Nixe? Heimweh wusste ich, was war, ich konnte kaum von zu Hause weg ohne dass sich mein Herz schmerzhaft zusammenzog.
Das Meer weckte eine Sehnsucht in mir, einen Durst nach Freiheit, Weite, Offenheit und Kraft. Wenn ich die Muschel an mein Ohr drückte und die Augen so fest schloss, dass ich Sternenstaub von Farben sah, passierte es.
Es war wie ein Wunder. Ich hörte das Rauschen des Meeres, den Gesang der Freiheit. Es flüsterte, raunte, wisperte und seufzte zu meinem Herzen. Erzählte seine Geschichten. Ich musste ihm nur noch die Worte leihen.

Im Tagebuch die Magie der Kindheit wieder entdecken
Das ist Magie. Die will ich als Autorin einfangen. Vor allem, wenn ich für Kinder schreibe.
Doch wie kann ich etwas einfangen, was längst verflogen ist? Was sich ins Land der Erinnerungen zurückgezogen hat und seinen Zauber mit sich nahm?
Heute wohne ich am Meer, in Kopenhagen, der Stadt der kleinen Meerjungfrau. Immer wenn ich sie sehe, erinnert sie mich an diesen Augenblick mit der Murex Muschel. Und auch wenn die Magie der Kindheit mit den Wellen der Zeit entschwunden ist, so ist sie für mich nur ein paar Schritte weg. Bis nach Langelinie zur kleinen Meerjungfrau?
Nein, noch viel kürzer. Weder du noch ich müssen bis ans äußerste Meer reisen. Es reicht, einen Stift und ein Papier zu nehmen, um mit dem Tagebuch in die Welt der Kindheit einzutauchen. Denn ich kann in diese wunderbare Welt immer und immer wieder eintauchen, indem ich schreibe. Und du kannst es auch.
Zum Internationalen Tag des Tagebuchs möchte ich dich einladen: Entdecke des Tagebuchschreiben. Reise in deine Kindheit. Öffne die Schatztruhe deiner Erinnerungen, und lasse das lebendig werden, was deinen Geschichten – egal ob du für große oder kleine Leute schreibst – das Gewisse etwas gibt, deinen Fingerabdruck, deine persönliche Stimme.
Was Harry Potters Zauberstab mich lehrte
Kinder und Erwachsene sind von Harry Potter fasziniert. Ja, es liegt auch am spannenden Verlauf der Geschichte. Aber nicht nur. Ich glaube, es hat vor allem damit zu tun, das sich für Harry im 11. Lebensjahr eine neue Welt öffnet, voller Zauber, Magie, neuer Möglichkeiten, auch Gefahren, ja sicher. Gleichzeitig entdeckt er, dass er sich diesen Herausforderungen stellen muss, dass ihm Mut und Kraft wachsen, um sich ihnen zu stellen.
Der kleinlich langweilige Alltag platzt wie Popcornmais - und da entdeckt der Leser an Harrys Seite: Da ist ja noch etwas ganz anderes! Eine andere Welt versteckt sich hinter den Dingen, eine magische Welt, es gibt so viel mehr als das, was wir nur mit den Augen sehen oder gerade vor Augen haben.
Es gibt einen tieferen Sinn in vielem, was wir erleben, und auch in uns steckt so viel mehr und anderes als das, was wir hier und jetzt sehen: Der graue Alltag mit seinem manchmal langweiligem Einerlei.
Diese Sehnsucht schlummert in mir, wenn ich Tagebuch schreibe. Ich will diese Welt, mich selbst verstehen, ich will begreifen, wie ich zu der Frau geworden bin, die ich heute bin. Ich will die Welt hinter und über den sichtbaren Dingen erforschen.
Diese Sehnsucht steckt, glaube ich, in allen Menschen, und für mich ist sie eine der kostbarsten Sehnsüchte, das Wertvollste, was wir haben. Sie hält uns lebendig, macht uns nachdenklich, lässt uns suchen, träumen, kreativ werden, hilft uns zu finden und zu entdecken.
Und wenn wir diese Sehnsucht in unserem Alltag ernst nehmen, lernen wir zwar nicht gleich zaubern wie Harry Potter, aber unser Leben verändert sich. Es erhält neue Farben, es bekommt eine neue Blickrichtung, mehr Tiefe, mehr Sinn. Auch das ist eine Art Zauber.
Das Zauberwort für Tagebuchschreiber
Tagebuchschreiben ist populär und für mich eine der besten Übungen für Autor*innen. Da erforschst du den Dschungel deiner Kindheit, hebst verborgene Schätze, du fabulierst, erzählst, improvisierst, klagst und jauchzt. Du macht den Moment unvergänglich und zauberst Erinnerungen aufs Papier. Die Zeilen entführen dich in das Land der Kindheit und wecken seine Magie wieder zum Leben.
Doch wie schließt man diese Erinnerungen auf? Wie zapfst du den Fluss der Erinnerungen an?
Ich verrate dir ein magisches Zauberwort. Nein, nicht das berühmte des Harry Potter „Arresto Momentum“ (alles, was sich bewegt, werde langsamer). Auch wenn du ein wenig die Zeit anhalten willst, wenn du Tagebuch schreibst, ist mein Zauberwort viel einfacher:
Schreib einfach:
Ich erinnere mich, ich erinnere mich, ich erinnere mich … und schon kommt die Magie ins Spiel.

Ich erinnere mich …
an diesen Apfelbaum in unserem Garten,
an die Petra in meiner Klasse mit der Brille, die ihr Glubschaugen gab,
an meinen ersten Kuss …
Jeder Gegenstand deines Lebens, jedes Wort, jedes Ereignis hat und erzählt seine eigene Geschichte. Du musst nur zuhören, dem Herzschlag des Lebens lauschen. Das stille Beobachten, das ruhige Erzählen, das etwas von sich selbst preiszugeben. Das ist das geheime Gewürz jeder guten Geschichte. Wenn du das schaffst, dann sagst du: So sehe ich die Welt und der Leser tauchst ein in deine Welt.
Dein Tagebuch ist deine Samenbank
Wenn du mit dem Zauberwort die Erinnerungen zum Blühen gebracht hast, kannst du Samen sammeln für deine Geschichten. Dein Tagebuch ist dein Zaubertasche. In ihr schlummern ganz viele Samen, die etwas zum Blühen bringen können, die der Samen für eine unvergessliche Geschichte sind. Gedanken über die Menschen, Beobachtungen von menschlichen Ticks, ganz entscheidend auch Selbstbeobachtung,
Halt deine Eindrücke fest:
Wie fühlt sich Hunger an?
Wie ist das, wenn jemand, den du liebst, stirbt?
Wie fühlst du dich, wenn du einen Menschen wiedersiehst, den du sehr liebst.?
Wie riecht der Mensch?
Wie fühlte sich der Fußboden deines Elternhauses an?
Wie war das, als du mit der Schaukel bis in den Himmel geflogen bist?
Wann wurdest du zum ersten Mal ausgelacht?
Was war dein Lieblingslied?
Wie roch es bei deinen Großeltern?
Wie hieß mein imaginärer Freund?
Wo hast du dich am liebsten versteckt?
Wie roch es im Keller?
Viel kann man über das Schreiben für Kinder sagen. Ich möchte heute nur an einem Gedanken festhalten: Für Kinder ist die Welt noch magisch. Die Welt ist so viel größer als die Fakten und Daten, mit der wir sie erklären wollen. Ihre Welt ist magisch, und wenn ich für sie erzähle, für sie schreibe, dann möchte ich die Welt mit den Augen, der Begeisterung eines Kindes sehen und entdecken.
Das ist einer der Gründe, warum ich regelmäßig zurück in die Welt meiner Kindheit reise, auch um Kinder mit meinen Worten zu erreichen. Indem ich Tagebuch schreibe. Reisen wir zusammen?"
Herzlichen Dank für diese Reise-Einladung!
Gastbeitrag von:
Ann-Kristin Vinterberg – Kinderbuchautorin und Mitglied der KinderbuchManufaktur
Wer in eines von Ann-Kristins Bücher eintauchen möchte, wird im Shop der Autorenwelt fündig >>